Psalm 85,11

Was für eine Verheißung, was für ein schönes Bild im aktuellen Wochenpsalm: Ein Kuss zwischen Frieden und Gerechtigkeit! Die zärtliche Berührung der Lippen gehört für den/die Romantiker:in zu jedem herbeigesehnten Happy­end dazu. Auf der Bühne unserer Welt aber scheint ein Happyend nicht in Sicht. Nicht Friede und Gerechtigkeit treten als Protagonisten unseres Zu­sammenlebens auf, sondern Macht und Wirtschaftswachstum. Diktatoren, Faschisten, Sexisten gehören zu den Mächtigsten der Welt. Ausbeutung von Mensch und Natur ist an der Tagesordnung. Ist die Verheißung also leer und die Hoffnung darauf weltfremd und naiv?
Zumal das hebräische Wort „Shalom“ semantisch noch gehaltvoller ist als unsere deutsche Übersetzung. Es bedeutet nicht nur „Friede“, sondern auch „Glück, Gedeihen, Unversehrtheit, Wohlergehen“ und betrifft sämtliche Lebensbeziehungen: die Beziehung zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen und zu Gott – ein lebensförderliches Geordnetsein der Welt in jeder Hinsicht. Also wirklich etwas für Träumer:innen!
Der Kuss, zwischen Frieden und Gerechtigkeit, ein Traum, ja, aber lasst uns alles geben, dass er Wirklichkeit wird!
Denn es sind doch gerade unsere Träume und Hoffnungen, die uns ermuti­gen und antreiben, die Welt mitzugestalten zu einem Ort gelingenden Miteinanders – allen Faktenlagen zum Trotz, einer Logik entsagend, deren visionäre Kraft sich im Ausmalen von Wachstumskurven erschöpft und deren Träume nur um den eigenen Wohlstand kreisen. Deshalb lasst uns träumen und hoffen auf Gottes Verheißung eines Happyends. Lasst uns hoffen auf Gottes Frieden und Gerechtigkeit, die ich selten schon so oft habe, aufblitzen sehen wie während meiner Tätigkeit hier bei Fliedners:
In kleinen Gesten wie dem Putzen einer Brille, das zu neuer klarer Sicht verhilft, der sanften Rückenmassage, die den Schmerz für eine Weile lindert, und dem immer wieder geschenkten Zuspruch: „Ich mag dich“, „Ich hab dich gerne, du.“

Segen:
Der Friede Gottes,
der größer ist als unsere Vorstellungskraft,
halte unseren Verstand hellwach,
unsere Hoffnung unbeirrbar groß,
und mache unsere Liebe stark.
So segne uns der allmächtige und barmherzige Gott.
Amen.

Wochenspruch:     Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.  2. Kor 5,10a

Wochenpsalm:       Psalm 6  –  EG 704

Wochenlied:           EG 378 – Es mag sein, dass alles fällt

Download:              ANgeDACHT 2021-46

 

Zu Beginn der Woche grüßt Sie mit einem herzlichen Shalom

Vikarin Myriam Lütkepohl
Fliedners Lafim-Diakonie